Gewahrsein
Gewahrsein ist unterscheidungsloses Wahrnehmen. Im Gegensatz zur Bewußtheit fehlt hier der Subjekt-Objekt-Gegensatz, d.h. es ist einfach Wahrnehmung und zugleich Präsenz (Anwesenheit) vorhanden, die sich aber an nichts Bestimmtem fixiert.
Für die Selbsterkenntnis bedeutet das, daß die Selbstidentifikation mit einem Ich fortgefallen ist — daß nicht mehr zwischen Hier und Dort, Zeit und Raum, Innen und Außen, Jetzt oder Später getrennt wird.
Ganz plötzlich fragte Maharaj: „Was ist der Unterschied zwischen 'Gewahrsein' und 'Bewußtsein', wenn es denn einen gibt? […]
Gewahrsein rührt vom Absoluten her […]. Bewußtsein dagegen ist etwas, das durch den physischen Körper erhalten wird und durch ihn begrenzt ist. Wenn der Körper zerstört wird, verschwindet auch auch das Bewußtsein. […]
Gewahrsein ist der erste und ursprüngliche Zustand, vor dem Konzept von Raum und Zeit – ohne einer Ursache oder Stütze zu bedürfen. Gewahrsein ist einfach. In dem Moment jedoch, in dem sich in diesem ursprünglichen Zustand der Einheit das Konzept von Bewußtsein entwickelt, entsteht das Gefühl 'Ich bin' und verursacht einen Zustand von Dualität. Das Bewußtsein ist in seiner Existenz an eine Form gebunden, es ist eine Spiegelung des Gewahrseins an der Oberfläche der Materie. Bewußtsein für sich ohne Gewahrsein ist undenkbar. Es kann keine Spiegelung der Sonne ohne die Sonne geben.
Aber Gewahrsein kann ohne das Bewußtsein sein. Im Tiefschlaf beispielsweise gibt es kein Bewußtsein (es befindet sich in Ruhe), aber sicherlich ist Gewahrsein vorhanden, da man sich beim Aufwachen gewahr ist, geschlafen zu haben - jedoch erst beim Aufwachen.“ Ramesh Balsekar: Pointers Kap. 5 - Gewahrsein und Bewußtsein