Familie
Familie — eines der mächtigsten Konzepte
Familie ist das vermutlich mächtigste Konzept des gesellschaftlichen Denkens, nach dem viele bzw. die allermeisten Menschen automatisch ihr Leben ausrichten. Dieses Konzept ist von starken instinktiven Erwartungen des Wohlergehens, der Versorgung, der Geborgenheit, der emotionalen Bedürfnisbefriedigung wie auch der erwarteten Befriedigung wiederkehrender sexueller Interessen geprägt. Das Problem mit derartigen Konzepten liegt darin, daß sie nichts mit dem augenblicklichen, spontanen Fluß der Lebensenergie zu tun haben, sondern als mentale Abstraktion bzw. als Verstandeskonstrukt von diesem abgeleitet werden und dann als davon abgelöster Überbau fungieren, dem alle natürlichen Regungen, Triebe und Impulse untergeordnet werden.
Jede Gesellschaft und Kultur hat zu jeder Zeit und an jedem unterschiedlichen Ort der Erde andere Vorstellungen und Normen erstellt, nach denen Familie, Ehe, Erotik und Beziehung aufgefaßt werden. Dies wird in der Regel außer acht gelassen, genauso wie die Tatsache, daß religiöse Sichtweisen von Kontinent zu Kontinent, oft sogar schon von Landstrich zu Landstrich verschieden sind. Der Horizont der eigenen Denkfreiheit reicht dann gerade bis zum Kirchturm der eigenen moralischen Konditionierung und des Hörensagens und gegenseitigen Kontrollierens innerhalb einer sozialen Clique. Wer dagegen verstößt, wird direkt oder indirekt abgestraft. Umgekehrt verspricht man sich von der Befolgung derartiger Vorgaben Glück und Zufriedenheit.
Der vom Verstand erzeugte Grundwiderspruch zwischen eigenem authentischem Empfinden und von außen auferlegter bzw. selbst verinnerlichter Verhaltensvorgabe bleibt immer bestehen, solange ein Mensch nicht seine eigene Wahrheit gefunden und sich von seinen Verstandesfixierungen gelöst hat. Und solange wird er immer nur eine Marionette bleiben, die automatisch auf ihre Konditionierungen reagiert - und zwar meistens lebenslang.
— Gerd-Lothar Reschke 19.10.2007 (einkopiert)