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Panzerung

Panzerung (WP-Wörterbuch)

Die Verhinderung des freien Energieflusses

Wilhelm Reich entdeckte, daß zu einer Körperpanzerung, bei der das Strömen der Lebenskraft im Körper durch muskuläre und bindegewebige Verspannungen blockiert ist, stets ein Charakterpanzer korrespondiert, der durch ebenso starre Rollen- und Reaktionsmuster gekennzeichnet ist. Durch die Blockierung wird im Laufe der Konditionierung zum Erwachsenen die Empfindungsfähigkeit des Organismus herabgesetzt, bis schließlich eine Selbstidentifikation mit der Panzerung (dem Nichtfühlenwollen) gegenüber dem Fluß der Lebenskraft stattfindet. Am Ende führt der Panzerungsprozeß zur Spaltung zwischen Liebe und Sexualität.

Der Charakterpanzer als Stabilisierungseinrichtung des Verstandes und Egos

Entgegen der Selbstauffassung des personalen Individuums sind dessen Grundüberzeugungen und Glaubenssätze nicht durch freie Entscheidung wandelbar, sondern es besteht eine feste Verbindung zwischen ihnen und den im Körper, v.a. in den Muskeln eingelagerten und eingewachsenen Energieblockaden. Was der Mensch denkt und wie er sich entscheidet (bzw. sich zu entscheiden meint), ist fest vorgegeben, quasi „vorprogrammiert“. Ein bloßes Umdenken-Wollen würde niemals eine sofortige Umänderung dieser Blockaden und Muster bewirken können, denn diese sind energetisch hoch aufgeladen und festgelegt.

Der gepanzerte Mensch fühlt die Haltung der Panzerung als solche nicht. Versucht man sie ihm in Worten zu beschreiben, so versteht er meist nicht, worüber man spricht. Er spürt nicht die Panzerung selbst, sondern nur die Verzerrung seiner inneren Lebensempfindungen. Er beschreibt sich als uninteressiert, steif, eingeengt, leer, oder er klagt über Herzpalpitation [Herzklopfen, beschleunigter Puls], Stuhlverstopfung, Schlaflosigkeit, innere nervöse Unruhe, Übelkeit etc.

Hat die Panzerung sehr lange bestanden und auch die Gewebe der Organe beeinflußt, so kommt der Kranke zu uns wegen Magenulcus, Rheumatismus, Arthritis, Krebs oder Angina pectoris.Wilhelm Reich: Eine Einführung in die Orgonomie, S. 90

Nur eine energetische Deblockierung – ein zumeist schmerzhafter, aufwühlender, tief erschütternder Vorgang, der nicht nur körperlich erlebt wird, sondern tief in das eigene Gefühlsleben eingreift – kann diese als Grundvoraussetzung bestehende Befindlichkeit beeinflussen oder – im günstigsten Fall – heilen und harmonisieren.

Der Charakterpanzer leistet der Selbsterkenntnis erheblichen Widerstand

Aus obigem erklärt sich dann auch, weshalb echte, praktische Selbsterkenntnis nicht „einfach so“ vorkommt, sondern, selbst bei kurzem Aufblitzen von Kontakten zu derartigen Impulsen, in der Regel reflexhaft abgeblockt wird1). Die feste, oft seit frühkindlichen Traumatisierungen verfestigte Charakterstruktur eines Menschen dient dann der eigenen Absicherung gegen Einbrüche von Echtheit, Wahrheit, Spontaneität und überraschenden Anforderungen oder Herausforderungen.


1)
Dieses Abblocken tarnt sich beim intellektuell gebildeten Menschen zumeist durch ungemein komplizierte, bis in psychologische oder philosophische Theorien reichende Rechtfertigungen anhand aufwendiger rhetorischer Argumentationen. Hierdurch wird eine Scheinkulisse von Sicherheit, Klugheit und Lebenserfahrung aufgebaut. Diese sich und anderen vorgetäuschte Stärke verhindert Weichheit, Empfänglichkeit und Verletzlichkeit und läßt solche Menschen wie starre Roboter und Sprechpuppen erscheinen. Bricht der Verteidigungswall zusammen, kommt oft ein wimmerndes, jammerndes Kleinkind zum Vorschein, das sich nach Schutz und Liebe sehnt. Ein Großteil der scheinbar „Mächtigen“ in Politik und Showbusiness weist eine derartige Disposition auf; Machtgier, Berühmtheit, Reichtum, Größenwahn und versteckter Sadismus sind logische Manifestationen solcher Persönlichkeiten.