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Hermann Hesse

© Marco Holmer | 30.12.2007

Deutscher Autor (1877 - 1962)


Hermann Hesse (1927)

Leseempfehlungen

MAGAZIN-Essay:

Werkbetrachtung

Der Steppenwolf

Harry Haller sieht sich selbst als ruhelosen Steppenwolf, dessen eine Seite die vorherrschende Kultur und die Gesellschaft ablehnt, trotzdem ohne sie aber nicht leben kann und kindlich romantisch an ihr hängt. Er sehnt sich nach der Welt der Unsterblichen, seinen geliebten Dichtern und Musikern. Gleichzeitig verzweifelt er an seinen idealisierten Weltansichten und seinem Denken, weil er die Lüge um sich herum nicht mehr erträgt. Er erkennt aber nicht, daß deren Ursprung in ihm selbst liegt, weshalb er seine Krise nicht lösen kann. Nach einem letzten Versuch, mit der verlogenen etablierten Gesellschaft in Kontakt zu kommen, sieht er ein, daß ihm das nie mehr möglich sein wird. Er will sich umbringen. Dazu fehlt ihm aber der Mut. Etwas will doch noch leben in ihm.

In diesem desolaten Zustand trifft er Hermine, eine Seelenverwandte mit dem gleichen innigen Wunsch, in etwas Größerem aufzugehen. Sie hilft ihm, aus seinem Tiefpunkt herauszukommen. Das geht nur mit Harrys Einwilligung, allen Befehlen von ihr zu folgen, da er sich sonst nicht bewegt. Im Gegenzug dazu wartet auf ihn auch eine Aufgabe. Sie eröffnet ihm, daß er sie am Ende töten wird. Im weiteren Verlauf bringt sie ihm mit sanftem Zwang wieder das Leben bei: Tanzen, Lieben, Freude, und hilft ihm, sein nutzloses Denken zu mindern.

Zum Schluß, im magischen Theater („der Eintritt kostet den Verstand“), wird Harry nach ausgiebiger Vorbereitung sein altes Selbstbild vorgeführt und gelockert. Er erfährt zum Beispiel, daß er nicht einer, oder zwei (Mensch und Wolf) ist, sondern aus tausenden wechselnden Ichs besteht. Als er schließlich auf die schlafende Hermine trifft, tötet er sie. Er folgt damit seiner vermeintlichen Aufgabe, obwohl er sie eigentlich liebt - und genau da macht er wieder seinen Fehler: er hat die Aufgabe rational verstanden. Es war der Tod in Liebe gemeint, die endgültige Auflösung des falschen Selbstbildes. Stattdessen hat er sich selbst betrogen und ist wieder seinem Verstand statt seinem Gefühl gefolgt.

Sein idealisiertes Denken, durch welches er sich immer aus dem aktuellen Moment flüchtet, wird ihm durch Mozart mittels Musik über ein (verhaßtes) Radio vorgeführt: Das Leben, alle Menschen und vor allem er selbst sind immer unperfekt, nur Abbilder und Symbole einer idealen Welt. „Das Leben ist so, mein Kleiner, und wir müssen es so sein lassen […]. Leuten von Ihrer Art steht es durchaus nicht zu, am Radio oder am Leben Kritik zu üben. Lernen Sie lieber erst zuhören! Lernen Sie ernstnehmen, was des Ernstnehmens wert ist, und lachen Sie über das andre! Oder haben Sie selber es denn etwa besser gemacht, edler, klüger, geschmackvoller?“

Aus dem magischen Theater und dem Reich der Unsterblichen ausgeschlossen, kommt er zurück in die normale Welt und muß nochmal von vorne anfangen. Dieses Mal weiß er aber, daß er, statt in romantische oder pathetische Abstraktionen und geistige Leiden zu flüchten, alle Lektionen und Widrigkeiten des Lebens mit vollster Hingabe erleben, genießen und erleiden muß.

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