Kleine Tyrannen
Bevor ein Krieger dem Unbekannten sicher begegnen kann, muß er seine eigene Wichtigkeit bezwungen haben. An dieser Stelle kommen die kleinen Tyrannen ins Spiel. Sie sind die Personen, die unser Leben zur Hölle machen, wobei die Hölle selbstverständlich darin besteht, daß wir uns maßlos wichtig nehmen und meinen, nicht entsprechend behandelt worden zu sein.
Verständlich, daß ein normaler Mensch, der noch alle sieben Tassen im Schrank hat, die kleinen Tyrannen meidet, wo es nur geht. Ein Krieger sucht jedoch irgendwann im Laufe seines Trainings vorsätzlich die Gesellschaft der kleinen Tyrannen. Er beabsichtigt damit, seinem Gefühl der eigenen Wichtigkeit den finalen Stoß zu versetzen, denn kein anderes Element des Kriegerweges ist so stark geeignet, den Kriegergeist in Hochform zu bringen, wie die kleinen Tyrannen. In ihrer Gegenwart kann er sich nicht leisten, in seinem gewohnten Selbst zu verharren, ohne daß ihm die Welt zur Hölle wird.
Die einzige Wahl, die ihm bleibt, ist, die Prinzipien des Pirschens rücksichtslos auf sich selbst anzuwenden und sich mit dem Montagepunkt davonzustehlen, bis er eine Position erreicht, wo die eigene Wichtigkeit keine Rolle mehr spielt. In dieser Position unterliegt der Montagepunkt nicht mehr den bindenden Kräften der Selbstreflexion und der Sozialisation, die ihn sonst an die Position der Alltagswelt gefesselt halten. Der Krieger ist frei. Carlos Castaneda: Das Feuer von innen